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Thema: Die Lehre Meister Eckharts Sa 12 Sep 2015 - 0:58
"Könntet ihr mit meinem Herzen denken ..."
Der Verstand dient Zwecken, die menschliche Bedürfnisse ihm vorgeben. Darum fragt er auch immer und überall nach Absichten und Ursachen, weil er es so gewohnt ist. Kinder können mit ihrer Warum-Fragerei da ganz schön nerven - aber auch jene Erwachsenen, die hinter der Existenz der Dinge ein Warum suchen und nach dem Sinn der Welt und des Lebens fragen und somit unlösbare philosophische Probleme produzieren. Insbesondere wird von gelehrten Herren gern hinter der Existenz des Menschen eine höhere Absicht vermutet, vornehmlich wohl ihrer eigenen Existenz. Nun ist der Mensch als selbstreflektierendes Wesen sicher eine Neuheit im Kanon der Lebewesen, ohne dass dies irgendeine Absicht beweisen muss.
Den unendlichen Regress der automatischen Warum-Fragerei kann man durchbrechen und zu einer Letztbegründung kommen, indem man sich mit Vernunft klar macht: Die Dinge der Welt sind einfach da und entfalten sich nach ihren Möglichkeiten. Oder wie Parmenides uns schon lehren wollte: Sein kann weder Entstehen noch vergehen, auch wenn es sich nach einen ihm immanenten schöpferischen Prinzip immer wieder wandelt. Eine solche Sicht nenne ich ein Seinsverständnis. Seinsverständnis nimmt und akzeptiert das Sein in seinem Sosein. Auch wenn Meister Eckhart in der Tradition seiner Kirche statt von einem unerschaffenen Sein von Gott spricht, wobei Gott sein Personenwesen erst vom Menschen verliehen wird, weil er selber Person ist, so bringt Meister Eckhart sein Seinsverständnis doch klar auf den Punkt. Und aus diesem Verständnis ergibt sich der philosophische Kern seiner Lehre, von Gott, vom Menschen, von der Welt und der Beziehung zwischen ihnen, die sein seelsorgerisches Wirken trägt.
Ebenso wie Gott ohne Warum wirkt und kein Warum hat, in derselben Weise, wie Gott wirkt, so wirkt auch der Gerechte ohne Warum. Und ebenso wie das Leben um seiner selbst willen lebt und kein Warum sucht, um deswillen es lebe, so hat auch der Gerechte kein Warum, um deswillen er etwas tue.
Ein Mensch, der alle seine Werke ohne Warum und nur aus Liebe tut, solch ein Mensch ist tot für die ganze Welt, er lebt in Gott und Gott in ihm.
Wenn einer tausend Jahre lang das Leben fragte: "Warum lebst du?" - gäbe es ihm Antwort, es würde nur das Eine sagen: "Ich lebe, um zu leben." Das kommt daher, weil das Leben aus seinem eigenen Grunde lebt und aus seinem Eigenen quillt: darum lebe ich ohne Warum, eben weil es nur sich selber lebt. Fragte man einen wahrhaften Menschen, einen, der aus seinem eigenen Grunde wirkt: "Warum wirkst du deine Werke?" sollte er recht antworten, er würde nichts anderes sprechen, als: "Ich wirke, um zu wirken."
"Und warum lebst du?" - "Meiner Treu, ich weiß es nicht, - ich lebe gerne!"
Der philosophische Kern der Lehre Meister Eckharts & Wiki
Ein theologischer Philosoph, der zu seiner Zeit ähnliche Erkenntnisse wie Rumi hatte und mit seiner Sichtweise da sehr ähnlich wie die Grundprinzipien des Sufismus, die Wesentlichkeit Gottes im Sinne der Ganzheitlichkeit erkannt hat. Eine sehr angenehme theologische Philosophie. In der Hinsicht kann ich auch das Thomasevangelium der Nag-Hammadi-Schriften ans Herz legen. Im weitesten Sinne könnte man auch sagen, es ist eine deutsche Version des Buddhismus, nur eben mit einer Gotteserkenntnis Hand in Hand-gehend.
Jesus sprach: ‚Ich bin das Licht, das über allen ist. Ich bin das All; das All ist aus mir hervorgegangen, und das All ist zu mir gelangt. Hebt einen Stein auf, und ihr werdet mich finden, spaltet ein Holz, und ich bin da.
Jesus spricht: ‚Wer sucht, soll nicht aufhören zu suchen, bis er findet. Und wenn er findet, wird er bestürzt sein. Und wenn er bestürzt ist, wird er erstaunt sein. Und er wird König sein über das All.