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Thema: Keek's kunterbunte Musikwelt! (Mit schwarzen Tönen.) Mi 6 Jan 2010 - 6:45
Ich hab keine Ahnung ob der Threadtitel auch nur ansatzweise dazu passt. Aber ich will dies ma als meinen persönlichen Thread nutzen um interessante (wie ich finde, andere vllt. nich) Bands zu präsentieren.
Edit: Ich denke jetz passt der Threadtitel etwas besser...
Erster Teil - Razzia aus Hamburg
Razzia, eine bereits 1979 in Hamburg gegründete Kapelle, welche der Punkmusik zuzuordnen ist. Bevor hier lange gelabbert wird, einige schöne Schmuckstücke der Band, welche mittlerweile fast in Vergessenheit geraten sind...
Als Haus wärst du 'ne Hütte: https://www.youtube.com/watch?v=H8d6hySvtTM
Unterwegs in Sachen Selbstmord: https://www.youtube.com/watch?v=8Re_qyvV-UQ
Schatten über Geroldshofen: https://www.youtube.com/watch?v=gxtkC3XZ-50
Wer möchte kann sich die Musik zu Gemüte führen. Für mich war es eine sehr einflussreiche Band. Ich hab bewusst die älteren Lieder gewählt, weil sie wirklich noch Razzia repräsentieren, was nich heißen soll, dass die "neueren" Lieder schlechter sind.
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Zuletzt von Keek am Do 21 Jan 2010 - 22:10 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
Keek Parteielite
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Thema: Re: Keek's kunterbunte Musikwelt! (Mit schwarzen Tönen.) Mi 6 Jan 2010 - 15:49
Ausnüchterner Keek an besoffenen Keek: Gut gemacht, trotz Suff keine Schreibfehler.
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cRAwler23 Parteielite
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Thema: Re: Keek's kunterbunte Musikwelt! (Mit schwarzen Tönen.) Mi 6 Jan 2010 - 16:17
Eigenlob stinkt ! Aber bei genaurem riechen merke ich das ich auch noch nach Suff und Rauch rieche ! xD
Also einiges habe ich auch schon von Razzia gehört und es ist halt wie bei vielen Bands die kein Blatt vor den Mund nehmen und versuchen knallhart die Realität vor Auge und Ohr zu führen .
Jedoch der Titel dieses Threads ist etwas ungünstig, denn das ist schon ehr nen Anreiz für lebensphilosophisches Die Band lässt aber mehr Kritik als Lösungen klingen darum sollten vielleicht die Hörer die Lösung irgendwie, irgendwo und irgendwann anstreben
Ich höre mir mal noch die einzelnen Titel da durch und werd bestimmt noch was schreiben . Vielleicht könnte man ja diesen Thread nutzen um Bands zu posten die sich dem "Wir sollten alle nach etwas streben..." orientieren . Die Kritik am bestehenden äußern und irgendwie auch über ne Alternative oder nen kleinen Lösungsansatz musizieren ?
Edit: Ach ja eins muss ich von Razzia ma zitieren:
als Haus wärst du ne Hütte als Nahrung trocken Brot, als Pflanze ein Mauerblümchen, als Raubtier schon längst tot.
Man sollte sich immer vorm inneren Auge führen was man erst an sich selbst ändern kann um das was einen umgibt zu ändern und die vom "rechten" Ufer machen das lieber andersrum und tragen ihr krankes Ego nach außen ohne zu merken das sie eigentlich nen Fehler in sich haben der anderen das Leben schwer macht
Keek Parteielite
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Thema: Re: Keek's kunterbunte Musikwelt! (Mit schwarzen Tönen.) Mi 6 Jan 2010 - 20:36
"Vielleicht könnte man ja diesen Thread nutzen um Bands zu posten die sich dem "Wir sollten alle nach etwas streben..." orientieren . Die Kritik am bestehenden äußern und irgendwie auch über ne Alternative oder nen kleinen Lösungsansatz musizieren ?"
Ich glaube in diesem Zusammenhang war mir der Threadname auch eingefallen. xD
Also mittlerweile rieche ich glaube nich mehr nach Kneipe. Und bis Freitag is auch erstma Päuschen angesagt, war aber extrem lustig gestern Abend wie ich fand. Könnt natürlich auch nur meine eigene Meinung, aufgrund von Alk, gewesen sein. Hab allerdings den einen oder anderen Genoraden vermisst. Die Verdächtigen dürfen sich angesprochen fühlen und schämen. xD
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Keek Parteielite
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Thema: Re: Keek's kunterbunte Musikwelt! (Mit schwarzen Tönen.) Mi 6 Jan 2010 - 20:52
Zweiter Teil - Vorkriegsjugend aus West-Berlin
Ich glaube in Sachen Vorkriegsjugend ist sich die Punkszene sehr sehr einig das diese unumstritten wichtig waren und auch den Ton für die damalige und spätere Punx angegeben haben. Gegründet im Jahr 1982, wurde alles was sich nur aus dem Leben von Punks berichtet werden kann zu textlichen und musikalischen Tönen umgewandelt. "Wir sind die Ratten und leben in der Scheiße..." sind dabei keine hohlen Phrasen sondern waren Bestandteil der Band welche zu dieser Zeit in besetzten Häusern lebte. Irgendwann in dieser Zeit trat die Band auch zusammen mit den Ärzten auf, nahm eine EP und eine LP auf und löste sich schließlich 1985 auf dem Höhepunkt auf um 1998 noch eine letzte EP rauszubringen. Allerdings war bei dieser letzten Veröffentlichung nur noch der Schlagzeuger beteiligt. Wer dies bezüglich mehr wissen möchte sollte sich das Inlet der LP "Wir sind die Ratten" welche 2003 erschienen ist und sämtliche (naja fast sämtliche xD ) Lieder der Band umfasst, ansehn. In diesem ist eine umfangreiche Biographie abgedruckt. Vllt. mach ich mir auch noch die Mühe und reiche diese nach. Das Abschreiben dürfte aber dauern. Nur noch ein wenig Musik...
Wir sind die Ratten: https://www.youtube.com/watch?v=1DjR04OT6Gk https://www.youtube.com/watch?v=LdnsSMkaeRs
Brot und Spiele: https://www.youtube.com/watch?v=YnF_fR8Cxig
Der Sarg: (mein absoluter Favourit) https://www.youtube.com/watch?v=D7OmAZCjO4o
Aufnahme von 1998: https://www.youtube.com/watch?v=Mkoz9U1adTw
Und eine Aufnahme der Band aus dem Jahr ??1983/84??: https://www.youtube.com/watch?v=7GP0urq4MP8
Der Werdegang der Mitglieder ist nur stellenweise bekannt. Interessant wäre was der Sänger Klaus Hicker heutzutage macht. Sollte er das lesen kann er ja ma nen Lebenszeichen von sich geben.
Nachtrag vom 24.01.2013: Herr Hicker braucht kein Lebenszeichen mehr hinterlassen. Das was ich gelesen hab reicht vollkommen. Solltest du das hier lesen: Vergammel im Knast!!!
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Zuletzt von Keek am Do 24 Jan 2013 - 13:13 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
Keek Parteielite
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Thema: Re: Keek's kunterbunte Musikwelt! (Mit schwarzen Tönen.) Mi 6 Jan 2010 - 21:15
Text aus dem Inlet der 'Wir sind die Ratten' LP aus dem Jahr 2003:
"Wir waren unsere eigene Partei!"
Erinnerungen Eins: Dezember 1983. Für zwei Wochen von Hamburg nach West-Berlin gefahren, um im Musiclab-Studio in Kreuzberg Aufnahmen für unser Label Weird System zu produzieren. Blut + Eisen, Volxfront, Razzia. Die vorhandene Kohle geht allein drauf für die Studiokosten. Übernachtungen sind dafür umsonst. In einem Besetzer-Haus in der Kohlfurter Straße. Ein schmieriges Drecksloch. Wenn man zwei Meter im Dunkeln über die Teppichboden-Reste stakste, hatte man unweigerlich entweder verschimmeltes Schwarzbrot oder Hundescheisse am Fuss. Strom und Heizung = Fehlanzeige. Punk Rock-Erinnerungen an eisige Nächte, eingefrorene Wasserleitungen und schneidenen Ostwind. Winter in K-36. Bei Vinyl Boogie reingeschaut und Geld gehabt für ein oder zwei Platten. Die eine ist von der Band, von der die Leute in Berlin alle redeten. Vorkriegsjugend. 'Heute Spaß morgen Tod'. Sieben Mark Neunzig für die Orginal-Doppel-7inch.
Erinnerungen Zwo: Herbst '84. Wieder in Berlin wegen Studioaufnahmen. Ab einem freien Abend zu einem Konzert im Nox, einem Unterstand in der S-Bahn-Brücke zwischen Siegessäule und Reuterplatz. Auf der Bühne irgendeine englische Combo. The Insane? Unerheblich, längst vergessen. Im Gedächtnis blieb die Vorgruppe, die VKJ. Eindruck damals: tolle Band, unwahrscheinliche Präsenz - an die wird man noch mal denken.
Kann man Hardcore-Punk erklären? Ralf Kirstan in der Deutsch-Punk-Referenz-Bibel 'Pogographie' über die Pogar-Records 7inch der VKJ: "Wenn mich jemand fragt, was Punk ist, dann knalle ich ihm diese Schalli vor den Latz. Härte, Schnelligkeit, Dynamik, Texte. Hier stimmt einfach alles. Legendär!"
VauKaJott. Zwei kurze Jahre und nicht mehr als eineinhalb Platten. Keine zwei Dutzend Lieder, gerade einmal vielleicht 30 oder 35 Live-Auftritte. Sicher gibt es sechs oder acht Bands in der deutschen Punk-Szene, die grösser geworden sind, als die Vorkriegsjugend.
Aber jede dieser Gruppen hat dazu viele Jahre länger, hunderte von Konzerten und diverse Schallplatten mehr gebraucht. Das Verhältnis von minimalem Output zu maximalem Einfluss und Ansehen im Fall der VKJ ist bis heute einmalig. Wir kann es sein, dass diese Band noch 20 Jahre später zu einer der allerrespektiertesten Formationen zählt, die der an Mythen nun wirklich nicht arme BRD-Punk Rock hervorgebracht hat? Was macht die VKJ so speziell?
Zweifellos ist es vor allem das zweite Line-Up der VKJ, was bis heute das Bild der Gruppe bestimmt. Hicker, Heiland, Heschel, Michi und Sepp. Also der Fünfer, der die Vorkriegsjugend in ihrer populärsten Phase 1984/85 ausmachte und das einzige Album der Band einspielte. Frontmann Klaus Hicker ist natürlich die Deutschpunk-Vocal-Legende überhaupt. Passagen wie etwa der Refrain von 'Rache' sind unvergleichlich - welcher andere Punk-Sänger hat je soviel Soul in seinen heiseren Gesang gehievt? Und Stimmlage und Optik waren aus einem Guss: eine augenberingte, hohlwangige Mischung aus Klaus Kinski und Dr.Mabuse, der Untergangs-Prophet schlechthin, dessen Aura sich niemand entziehen konnte. Lead-Gitarrist Sepp (in den Jahren nach der VKJ bei Zerstörte Jugend, Manson Youth und Jingo De Lunch) war ein begnadeter Frickler und Techniker, der es hervorragend hinbekam, einerseits auf den 5-Minuten-Plus-Brettern wie 'Die Pest' und 'The End' alle Solo-Register zu ziehen, und sich andererseits immer dann zugunsten der Gruppe zurückhielt, wenn es geboten schien. Hinter den beiden agierte die extrem tighte Rythmus-Abteilung aus Michi (pre-Vellocet), Heschel (gleichfalls in den Folgejahren bei Vellocet) und dem überaus fitten Heiland (auch später bei Zerstörte Jugend und bei Vellocet) an den Drums. Zusammen bildeten die fünf in ihren besten Momenten eine düstere, nicht zu stoppende Punk-Maschine. Vorkriegsjugend!
Aber fangen wir vorne an. Die roots dieser Gruppe, die in Erinnerung aller Kenner wie niemand sonst für den West Berlin-HC der frühen und mittleren Achtziger steht, liegen zu 100 Prozent in der westdeutschen Provinz und zu mindestens 60 Prozent davon im tiefsten Bayern. Michi war 18 Jahre alt und vielleicht gerade mal ein halbes Jahr vom Punk-Virus infiziert, als er bei seinen Eltern im München-Suburb Oberschlessheim rausflog. Gitarrenkenntnisse waren zu dem Zeitpunkt schon vorhanden, hatte er sich doch in seinem Kaff bereits in einer Combo namens Heilsarmee betätigt. Aber das war vorbei und der Weg ging ins nicht allzu weit entfernte Freising.
Hier bestand Kontakt zu einigen Punks, die kaum älter als er waren, aber eben echt und keine Part Time-Poser, wie im schicken München - "und am nächsten Tag sassen da die Münchener alle wieder schön am Arbeitsplatz in ihrer Bank" - sonst üblich. Klaus Hicker und Sepp Ehrensberger waren nämlich schon damals vergleichsweise Hardcores, die in Freising ihre eigene Gruppe Scheiss Drauf am Laufen hatten.
Freising besass nicht nur Punkbands, sondern auch ein leerstehendes Haus. "Halb aus Stein, halb aus Holz. Keine Fenster, keine Türen. Wir sind da einfach eingezogen." Andere würden es Besetzung nennen. Ab sofort wohnten Klaus, Sepp und Michi nicht nur zusammen, sondern machten auch gemeinsam Musik. Das Jahr war 1981 oder 82 und in Bayern galt (gilt bis heute?!) eine Devise der Staatsregierung, wonach bei Besetzung sofort geräumt wird. Also wurde auf das Aushängen der rot-schwarzen Flagge dezent verzichtet. "Die Leute dachten, wir wohnen einfach da". Aber Freising brauchte dringend mehr Parkflächen - es ging ungefähr ein halbes Jahr gut, dann klopfte eines morgens die Abrissbirne: "Entweder sofort raus, oder Ihr seid eben nich drin, wenn wir abreissen!"
"Wir standen dann ganz plötzlich zum ersten mal auf der Strasse. Klaus und Michi haben Lose gezogen: nach Freiburg oder nach Berlin? In Berlin hatten wir eine Kontaktadresse in einem besetzten Haus. Wir uns am selben Tag an die Autobahn gestellt und sind nach Berlin getrampt". An einem Herbstabend 1982 kamen die beiden in der Danckelmann in Charlottenburg an. Die glorreiche Phase der Berliner Besetzer-Bewegung war zu dieser Zeit schon gelaufen. Die ersten Räumungen hatten angefangen. Mitläufer zbd Wackelkandidaten setzten sich aus den Häusern ab. In den verbliebenen Squats wuchsen Misstrauen und Paranoia. "Die wollten uns am Anfang fast nicht reinlassen, weil uns keiner kannte. Als wir dann zum ersten mal dort im Hinterhof standen, war das oberkrass". Die Danckelmannstrasse war zu der Zeit der wohl grösste, besetzte Komplex in ganz West-Berlin. Vier Häuser nebeneinander und je drei hintereinander, jeweils mit Seitenflügel. "Eine richtige Burg. Da haben 400 oder 500 Leute gewohnt. Sowas hatten wir noch nie gesehen. Überall im Hof stenaden abgefackelte Autos und brennende Ölfässer. Wie im übelsten Science-Fiction-Film. Das war schon geil!"
Direkt am anderen Morgen gründete sich die VKJ: "Wir wieder in den Hof, und an einem der Fässer sprach und dieser Typ an: "Wo kommt ihr her? Macht ihr Musik?" Das war Jürgen Heiland, der schon länger in der Danckelmann wohnte". Quer durch die ganze Karriere der VKJ blieb Heiland anschliessend immer für Action gut: "Wir wollten mal zu einem Auftritt nach Westdeutschland und fuhren vorher noch bei der Meldestelle vorbei, weil Heiland für die DDR-Grenze seinen Reisepass verlängern lassen musste. Die haben ihn gleich dabehalten und verhaftet. Er hatte noch irgendwas offen aus seiner Zeit vor Berlin. Frankfurt/Startbahn West". Heiland war nach Berlin zugezogen aus Stuttgart-Stammheim. Vor dem Treffen mit Klaus und Michi spielte er in Berlin bereits mit jemand namens Didi zusammen. "Didi wurde dann unser erster Bassist". Und Heiland hatte auch schon einen klasse Bandnamen parat: 'Vorkriegsjugend'. Ideen für die ersten Stücke waren vorhanden beziehungsweise teils sogar schon in Bayern verfasst worden, so etwas der Klassiker 'Schwache Nerven'. Weitere Tracks entstanden schnell. "Einflüsse von aussen haben wir eigentlich nicht gross gehabt oder gebraucht. Wir haben natürlich Discharge gehört, Varukers, Chaos UK und so ein Zeug. Aber wir waren effektiv sehr wenig beeinflusst. Unsere Stücke und Texte haben sich einfach ergeben. Da brauchte man nur aus dem Fenster gucken". Die Danckelmannstrasse war eine versiffte Ruine: "Heizung gab es natürlich nicht. Die Leute haben alles verfeuert, was nicht niet- und nagelfest war. Treppengeländer und so weiter waren längst im Ofen gelandet. Wenn es morgens kalt war, ging einer auf den Boden und hackte die Dachbalken zu Feuerholz. Strom war eigentlich immer da - wenn die angezapfte Leitung aus dem Nachbarhaus gerade mal nicht ausfiel. Dafür hatten wir fließend Wasser. Vor allem von der Wand. In den Hinterhöfen lag der Müll teils meterhoch". Und den Text von 'Wir sind die Ratten' konnte man wörtlich nehmen: "Ratten waren überall, zumal sich viele Leute auch ihre eigenen Ratten hielten. An Krankheiten das übliche - Schleppscheisse war Trumpf. In unregelmässigen Abständen schickte das Gesundheitsamt Bagger und Müllwagen. Wir waren eine Bedrohung für die Nachbarschaft, meinten sie".
In der Rückschau werden die Achtziger Jahre und die frühe Punkscene heutzutage in vielen Berichten glorifiziert und als eine gemütliche Epoche dargestellt, in der noch für jeden Wichtigtuer irgendwo ein Plätzchen frei war. Ein bisschen 'Verschwende deine Jugend'-mässig herumfreaken und nach ein paar Jahren dann wieder zurück ins geordnete Leben. Nun, die Wirklichkeit war alles andere als gemütlich für viele Leute in der Hardcore-Punk- und der Hausbesetzer-Szene. Die Winter in Berlin können eisig kalt sein, und mancher, der einmal eine solche Phase auf der Strasse oder in einem zerfallenden Haus verbracht hat, denkt an diese Zeit nicht mit wohligen Gedanken zurück, sondern in erster Linie mit Erinnerungen an Frost und die Angst vor der nächsten Nacht.
In der Danckelmannstrasse regierten bald Gegeneinander und Spaltung. "Ganz vorne wohnten so Hardcore-Polit-Aktivisten. Dahinter sassen dann irgendwelche Drogen-Hippies. Im dritten Hinterhaus lebten die Punks. Alle Gruppen grenzten sich voneinander ab und standen sich gegenüber. Wenn einer irgendwelche Wertsachen hatte, liess er die am besten nicht allzu offen rumliegen". Dazu kam, dass der Gebäudekomplex übervoll belegt war: "Wir mussten ein paar mal in irgendwelche ehemaligen Küchen oder Badezimmer ziehen. Da wurde die Wanne rausgerissen und ein Schlafsack hingelegt, fertig".
Im Frühjahr 1983 wurde die Danckelmannstrasse geräumt. Die VKJ-Mitglieder blieben zusammen und es begann eine Odyssee der Band durch die verschiedensten Squats von West-Berlin. Zuerst ging es in die Fidicinstrasse 43, und damit erstmals nach Kreuzberg (61). Nachdem auch dort geräumt wurde - "Du lässt Dich treiben. Wir sind immer solange irgendwo wohnen geblieben, bis das Räumkommando kam" - rückte die Vorkriegsjugend in die Oranien 198 ein, das legendäre 'Besetzer-Eck', diesmal auch direkt in K-36. "Die hatten noch den ganzen Seitenflügel frei. Es war nämlich nicht klar, ob der Gebäudeteil einstürzen wurde". Hausdurchsuchungen und Verhaftungen von Bandmitgliedern waren in diesen Monaten an der Tagesordnung. "Eines Morgens wurden wir wieder mal vor das Haus befördert. Wir dachten an eine der üblichen Durchsuchungen. Als das Haus leer war, hiess es: 'Wenn keiner mehr drin ist, können wir ja auch gleich räumen'. Waren wir also gefickt worden". Das nächste Quartier war die Geisterbahn schlechthin: kurz vor dem Landwehrkanal lag das Haus in der Admiralstrasse. "Die Admiral war wirklich Hardcore. Da musste man über eine Leiter zuerst in den Hinterhof. Dann an einem Seil in den ersten Stock klettern. Das Treppenhaus selbst war mörderisch. Überall Eisenstangen und Stacheldraht. Abgeschlagene Bierflaschen, die mitten auf der Treppe eingemauert waren. An der Decke hing ein Stroboskop, dass die ganze Nacht durch blitzte. Und dazu lief dröhnend laut Tag und Nacht der Polizeifunk. In die Wände waren Fluchtwege ins Nachbarhaus gebrochen. Ob das tragende Wände waren, darum hat sich keiner gekümmert. In der Admiral herrschten irgendwelche völlig paranoiden Besetzertypen, von denen man nicht wusste, ob die auf dem hängengeblieben waren, oder... Wenn Du da besoffen nach Hause kamst und in den dritten Stock musstet - das war der Alptraum!"
Auf eine Art wurde die Admiralstrasse noch getoppt von der nächsten Station, der berühmten Görlitzer Strasse 37. Die Görlitzer 37 war vielleicht DAS! Punk-Squat in Berlin schlechthin, lebten hier doch zeitweise neben Mitgliedern der VKJ und vielen anderen Punks auch die Angehörigen der legendären Deutschen Trinker Jugend (DTJ). Düstere Bekanntheit erlangte dieses Besetzerhaus aber durch die 'Görlitzer Flugstaffel': "Da haben die übelsten und kaputtesten Drogen-Adepten überhaupt gewohnt. Die haben sich eine Zeit lang einer nach dem anderen aus dem Fenster gestürzt, weil sie dachten, sie könnten fliegen. Einer hat es beim ersten mal nicht geschafft und ist später nochmal gesprungen. Im Szene-Jargon war das die 'Görlitzer Flugstaffel'". Das Foto auf der Rückseite dieses Albums (dasselbe Bild, welches auch bereits 1983 für die Vorderseite der ersten VKJ-7inch verwendet wurde) zeigt einen der Hinterhöfe in der Görlitzer 37.
In dieser Endzeit-Umgebung entstanden die Musik und die Texte der VKJ. "Wir sind aus diesen Strassen nicht gross herausgekommen in irgendwelche besseren Gegenden, ausser vielleicht mal zum Schnorren and den Kurfürstendamm. Ansonsten lebten wir in dieser Ecke. Kreuzberg, Berlin, Stacheldraht, Müll, Ruinen, Wachtürme. Wir bekamen mehr und mehr dieses Gesamt-Weltbild von einer brutalen, militaristischen Zone zwischen Mauern, hinter denen irgendwie der Mob lebt. Und der Mob, das waren wir. Unser Eindruck war schon, dass das allmählich untergeht". Das Ergebnis waren grossartige, authentische Strassenkampf-Punk-Manifeste von einer rauhen, bizarren Einfachheit und Wucht. Während die Musik weitgehend von der ganzen Gruppe zusammen ausgearbeitet wurde, waren Heiland, Michi und vorallem Klaus für die Texte zuständig. Die Inspiration lag mitten auf der Strasse, stammte aus Alltagserfahrungen oder aus Trash-Romanen. "Die Lyrics für 'Die Pest' hatten wir aus so einem 3-Groschen-Heft. Wir haben in der Zeit gern Larry Brent gelesen und solchen Schund. Klaus war eh ein Horror- und Psycho-Fetischist". Über viele andere Punk-Platten aus jenen Jahren ist die Zeit längst hinweggegangen. Das 'Ronald-Reagan-wir-sind-dagegen'-Syndrom. Die Songs der VKJ dagegen sind, bis auf wenige Ausnahmen, von einer fortdauernden Faszination, einer ungebrochenen Morbidität. Auf ausgelutschte Parolen wird weitgehend verzichtet. Stattdessen sind Tracks wie 'Heute Spass morgen Tod', 'Die Pest' oder 'Brot und Spiele' zeitlos und stehen selbst nach zwei Jahrzehnten wie eine Eins. Das liegt zweifellos auch daran, wie sich Musik, Texte und Auftreten der Vorkriegsjugend zu einer unzweideutigen, eindrucksvollen Einheit zusammenfügen. "Wir waren eben ganz bestimmt kein Produkt oder eine Freizeit-Angelegenheit. Wir haben uns nicht nur getroffen im Übungsraum, sondern haben zusammen gelebt. Wir waren die Schmuddels, die Ratten, die mittendrin gewesen sind. Wir haben unsere ganze Einstellung gelebt und in Musik umgesetzt".
"Natürlich, wir haben uns auch zugesoffen und haben Drogen gefressen. Wir hatten fast jeden Tag nie Geld und sassen manchmal abends da und wussten nicht, wie wir am nächsten Tag durchkommen. Aber wir waren nie diejenigen, die daraufhin gleich am andern Morgen nur gejammert hätten und sich die Birne zukippten. Wir waren eigentlich eher die Typen, die was gemacht haben". Sicher ist es diese Haltung, aus der heraus die VKJ bei aller Härte und Verzweiflung dieser Jahre nicht kapitulierte, wie grosse Teile ihrer Umgebung, sondern sich den Dingen stellte und agierte, statt sich herumschubsen zu lassen. "Wir haben uns vor niemandes Karren spannen lassen. Wir waren da immer ganz praktisch orientiert, haben zum Beispiel Häuser ganz einfach besetzt, weil wir wohnen mussten, und nicht um da irgendein politisches Zeichen zu setzen. Wir waren unsere eigene Partei!". Das fing noch in der Charlottenburger Danckelmannstrasse an: "Im vierten Hinterhof lag so ein ehemaliger Schuppen. Wir haben da erst tonnenweise Müll rausgeholt. Dann wurden auf der einen Seite vier Fässer reingestellt und ein paar Bretter drübergelegt, das war der Tresen. Auf der andern Seite lagen drei Paletten, das war die Bühne. So stand unser eigener Laden, das 'Crash'. Den Leuten gefiel es. Unter anderem haben wir mit der VKJ da unseren zweiten Auftritt gehabt, zusammen mit der DTJ und Die Ärzte am selben Abend".
Das Live-Debut der VKJ hatte schon einige Tage vorher auf offener Strasse stattgefunden: "Bei einem Döner-Laden um die Ecke hatten irgendwelche Hooligans die Scheiben eingetreten. Wir haben uns dann als Soli-Aktion auf die Strasse gestellt und gespielt. Vier Lieder, jeweils dreimal runtergerissen. Es gab gut Strassen-Pogo". Monate später, schon in Kreuzberg, spielte die Vorkriegsjugend einens Abends in einem zu jener Zeit ziemlich unauffälligen Jugendzentrum namens TEK. "Das Publikum ist da völlig ausgerastet, hat Einrichtung und Fenster bei unserem Auftritt kaputtgeschlagen. Wir mussten dann den Schaden irgendwie wieder beseitigen. Dabei haben wir die eine Sozialarbeiterin aus der TEK näher kennengelernt. Das war Petra Ostertag". Beginn einer lang andauernden Freundschaft. Und die VKJ'ler stiegen als Mitarbeiter in der TEK mit ein. "Wir lebten in der Zeit von einer Mischung aus Stütze und Getränkeeinnahmen aus der TEK-Kasse". Diese TEK-Crew gab Gas und macht den Laden bald zu einer bestgehenden Kneipen auf der Oranienstrasse und zeitweilig zu dem Treff der Berliner Punkszene überhaupt. Petra begann, sich im Gegenzug um das Booking der Band zu kümmern und gründete später ihr eigenes Label, Zorro Records, unter anderem, um mit der VKJ zusammen das (einzige) Album der Band herauszubringen. Dafür wurde sie offiziell als sechstes Mitglied aufgenommen.
Doch wieder der Reihe nach. Nachdem Higger (ich denke ma das sollte Hicker heißen) und Michi in der Danckelmannstrasse mit Heiland und Didi die VKJ ins Leben gerufen hatten, kam bald Schwung in das Projekt. Bassmann Didi wurde abgelöst von Bomber. Dieses erste, feste Line-Up spielte die ersten Auftritte der Band in Berlin. Andreas Kelling von Vinyl Boogie-Plattenladen war höchst angetan und bot der Band eine Single auf seinem Pogar Records-Label an. "Wir waren da zuerst zweigespalten. Platte war schon irgendwie ein Traum, aver war für uns auch auf eine Art ein Kommerzpunkprodukt. Du kannst nicht so einen lebensstil wie wir an den Tag legen, und auf der anderen Seite Dich dann so ganz kommerziell verhalten. Musikkonsum, das lief bei uns bis dahin so, dass man in einem abgewrackten Zimmer ohne Strom sitzt und mit den letzten drei Batterien die zehnte Kopie von irgendeinem leiernden Tape hört. Das war okay. Aber die Leute begannen, nach einer Platte zu fragen, und so haben wir es dann gemacht. War für uns ja auch schon eine Sensation, wenn Du als drei oder fünf Monate nicht geduschter Punk dann die Ehre hast, in ein Tonstudio zu dürfen". Das Ergebnis war die schon oben erwähnte, exquisite erste 7inch-EP der Band, bis heute trotzdem weniger als 2000 mal im Single-Orginal gepresst und längst eine hochbezahlte Rarität. Alle späteren 12inch-Auflagen davon sind billige Bootleg-Kopien, ebenso gibt es 7inch-Boots. Orginal ist nur die 7-Zoll-Version auf Pogar. Eine Teilauflage davon kam in der noch selteneren Ausführung - es existieren laut Andreas Kelling nur rund 900 Orginalkopien - als Doppel-7inch. Die Beilage-Single war nur einseitig bespielt und enthielt die beiden Bonus-Titel 'Die Bombe' und '08/15' (alle diese Tracks sind in der Orginalfassung auf diesem Album hier enthalten). "Nach 900 Stück wollte sich das Presswerk auf so ein dubioses Gimmick nich mehr einlassen". Wer ein Exemplar der Orginalfassung sein eigen nennt, der hat ein authentisches Fan-Item erster Qualität: "Die ganze Band hat mit angefasst und die Single-Cover gefaltet". Diese erste VKJ-Platte besitzt mit Krachern wie 'Wir sind die Ratten', 'Heute Spass morgen Tod' und dem unvergleichlichen 'Vaterland' nich nur wohl mindestens drei wichtigsten 20 Deutsch-Punk-Titel ever, sondern sie gefällt auch durch ihren fetten, treibenen Sound. "Das sind nichts weiter als 8-Spur-Aufnahmen aus dem kleinen Musiclab-Studio von Harris Johns. In ganz wenigen Stunden produziert. Wir haben die Titel halt einmal runtergeschrubbt. Dann meinte Harris: 'Und jetzt spielt ihr die Gitarre noch einmal drüber'. Wir dann: 'Wie drüber?' Wir waren so unbedarft, dass wir von doppeln undsoweiter noch gar keinen Plan hatten".
Die Platte steigerte die Bekanntheit der Gruppe rasch erheblich. Ohne es bewusst geplant zu haben, kam die VKJ genau zur rechten Zeit, um das Vakuum zu füllen, welches 1982/83 entstanden war durch die weitgehende Auflösung oder Inaktivität der ersten Generation Berliner Hardcore- und Polit-Punk Bands, wie Stromsperre, Beton Combo u.a. Weitere Auftritte folgten, vereinzelt auch in Westdeutschland. Definitiv denkwürdig das Konzert im Freiburger 'Cräsch' oder der Open-Air Gig vor dem U-Knast Berlin/Alt-Moabit im Sommer '83. "Wir sind mit dem LKW vorgefahren, zack-zack aufgebaut, Klappe auf, los. Die Leute in den Zellen haben sich mega-bemerkbar gemacht. Es war natürlich nicht genehmigt und ziemlich geil".
Bei Shows der VKJ im Vorprogramm für britische Bands gabs es ein paar mal Stress. "Leute wie One Way System zum Beispiel rückten da mit Haarspray und Schminke an und hätten erst mal den ganzen Bereich hinter der Bühne am liebsten für sich gehabt, um sich richtig aufzustylen. Wir hatten keinen Bock auf solche angeblichen Stars und Punk-Erfinder. Als die Adicts uns dann sogar aus dem Backstage rausschmeissen lassen wollten, gab es eine kleine Hauerei und die Sache wurde erledigt. Mit anderen Engländern war es dagegen locker. Die Leute von Disorder, das waren Punks wie wir. Der eine von denen hat wochenlang mit in der Danckelmann gewohnt und wollte garnicht wieder weg".
Im Line-Up der Gruppe hatte es inzwischen Veränderungen gegeben: "Wir haben Sepp dann nach einigen Monaten aus Freising nach Berlin nachgeholt und er ist bei VKJ als Leadgitarrist eingestiegen. Bomber, unser damaliger Bassist, wurde ausgetauscht. Er hat nicht so richtig zu uns gepasst. Hat woanders gewohnt, war kein Besetzer, eher ein bürgerlicher Typ. Als Nachfolger kam dann der Heschel. Natürlich auch ursprünglich ein Wessi. Kam irgendwo aus dem Sauerland. Eigentlich ein Rock'n Roller, aber es hat sich dann herausgestellt, dass der ein prima Bassist für uns war. Der hat auch bei uns in der Danckelmannstrasse gewohnt. Das war schon ziemlich wichtig für uns, dieses gemeinsame Wohnen und Leben".
Allmählich zeichnete sich der Plan für die LP der Band ab. Für die VKJ war allerdings klar, dass weitere Platten der Band nicht bei Pogar erscheinen sollten, was Labelbesitzer Andreas auch ganz nüchtern einschätzte: "Mein Label war sehr klein. Jede erfolgreiche Gruppe wäre nach ein oder zwei Platten zu einer grösseren Firma gegangen". Die Band sah es so: "Wir wollten nicht zu Ariola oder so, und auch nich mehr auf Pogar". Ein Zwischenspiel lieferte der Shlitz Plattenladen-Inhaber Rocky. Er hatte bereits etwas zur gleichen Zeit die erste und an sich sehr geniale LP der VKJ-Bruder-Band Zerstörte Jugend ziemlich wirkungsvoll versenkt. "Der machte da so auf Big-Manager und Plattenboss. Keine Ahnung, wo der herkam, wollte da auch irgendwie mitmischen. Mit unserer LP hat er jedenfalls nichts zu tun gehabt, ausser, dass auf dem Cover steht 'Kein Dank an Rocky'. Was wir zu der Zeit brauchten, war nicht jemand, der sich als dicker Producer aufspielt, mit der Spiegelreflex rumfummelt und nebenbei noch dem Sepp an den Arsch gefasst hat, sondern eindeutig eine Frau wie Petra Ostertag, die sich kümmerte und sagte 'Okay, wir können was machen'". Petra finanzierte die etwa im Winter 1984/85 entstandene, selbstbetitelte und einzige LP der Band und gründete ua. dafür (siehe oben) das Zorro Records-Label, auf dem bis heute ausser dem VKJ-Album nur noch die - ebenfalls sehr gute - H.O.A./Manson Youth-Split-LP erschienen ist. Sie sagt über Zorro: "Ich hätte auf jeden Fall nicht jede x-beliebige Platte gemacht, hatte einen klaren Anspruch an Persönlichkeiten und gewachsene Beziehungen". Die LP zeigt die Vorkriegsjugend noch einmal in Höchstform. In vielen Kritiken wird das Album bis zum heutigen Tag nicht ganz so gut bewertet, wie die Pogar 7inch. Dabei handelt es sich bei der VKJ-LP de facto ebenfalls um ein vollkommen dominantes Stück des deutschsprachigen Hardcore-Punks. Gestützt auf nunmehr zwei Gitarristen, inclusive der ausgefeilten Einwürfe von Sepp Ehrensberger, erscheint die VKJ hier in einer mächtigen, dunklen Grösse, in der sich der minuziös-präzise, wiederum im Musiclab-Studio wohlproduzierte Attack der Band stellenweise auf das grandioseste mit dem einzigartigen Songwriting und melancholischen Gesangs- und Melodielinien paart und düsteren Dreispach-Finale 'The End' gipfelt.
Kleine Anmerkung von Keek: Übelste Selbstbeweiräucherung! xD
Der VKJ-Split im Jahre '85? Unterschiedliche Auffassungen innerhalb der Gruppe zur Frage von Zweit-Projekten einerseits. Michi und Klaus fanden es nicht optimal, dass Sepp und Heiland anfingen, einen Teil ihrer Energie für deren Bandvorhaben Zerstörte Jugend zu investieren und mit der ZJ auch Platten zu produzieren und zu touren. "Entweder ich bin in einer Gruppe, dann auch zu 100 Prozent. Oder ich lasse es. Das waren aber alles keinenfalls ernsthafte Differenzen oder gar Streitigkeiten". Zum andern gab es zumindest bei Teilen der Band ein unterschwelliges Gefühl, wonach die Band entweder grösser werden und sich verändern würde, weg von den alten Ideen - oder aber man das Projekt jetzt auflösen sollte, vielleicht gerade weil das Interesse der Band und ein Hauch von Erfolg eben mehr und mehr zunahmen. Wer früher geht, macht oft den besten Eindruck.
...Epilog:
Sommer 2003 - Vorbereitungen für dieses Album. Am Telefon mit VKJ-Gitarrist Michi Weindl:
"Michi, wenn man heute ins Internet schaut, findet man unter 'Vorkriegsjugend' an die 250 oder 300 Einträge. Die alten Platten von Euch werden inzwischen für ein Schweinegeld gehandelt. Rawside haben schon vor Jahren gleich die ganze, erste EP gecovert. Alle möglichen, jungen Deutsch-Punk-Bands geben euch als Vorbild an. Man bekommt fast den Eindruck, dass der VKJ-Kult immer noch anwächst und die Band, rund 20 Jahre nach der Auflösung, einflussreicher denn je ist. Hast Du nicht das Gefühl, dass Ihr damals mit dem Split der Gruppe etwas weggeworfen und zu schnell beendet habt, das fortgeführt hätte werden sollen?"
"Es war gut so, wie es war: Wir hätten sicher noch 'grösser' werden können. Aber es wäre nicht die Legende geworden, die es heute ist, hätte nicht denselben Geist gehabt. Eine kurze, knackige Phase, in der es voll abging. Und im richtigen Moment war es einfach vorbei."
"Verstehe. Würdest Du denn heute, wenn Du noch mal so alt wärst wie damals, wieder eine Punkband gründen?"
"Jederzeit. Aber sofort."
Weird System / Juli 2003
-Vorkriegsjugend LP Wir sind die Ratten Weird System 2003-
(Wer Rechtschreibfehler finden sollte kann mir ja ma bescheid geben.)
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Zuletzt von Keek am Do 7 Jan 2010 - 23:32 bearbeitet; insgesamt 3-mal bearbeitet
Keek Parteielite
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Thema: Re: Keek's kunterbunte Musikwelt! (Mit schwarzen Tönen.) Do 7 Jan 2010 - 20:16
So liebe Leute, habs fertig abgeschrieben und nun viel Spaß beim lesen. Ich find das ganze eigentlich sehr gut geschrieben und auch ma interessant neben dem ganzen Internetmaterial auch noch einen andern biographischen Text über die Band zu haben.
Ich denke ma Genorad l33d dürfte das ganze besonders interessieren.
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Keek Parteielite
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Thema: Re: Keek's kunterbunte Musikwelt! (Mit schwarzen Tönen.) Do 21 Jan 2010 - 22:50
Dritter Teil - Chaos Z
Gehen wir wieder weit in die 80er zurück. Um genau zu sein Richtung Baden-Württemberg und da speziell nach Stuttgart. Wenn diese Stadt eins hervorgebracht hat dann diese geniale Band. Chaos Z hatten doch schon einen riesen Einfluss auf die Szene und sind auch heute noch in aller Munde. Nicht zuletzt durch die Nachfolgeband Fliehende Stürme.
Was kann man viel zu Chaos Z sagen ohne gleich den ganzen Wikipedia-Kram runterzuleiern. Ich konnte bis zum heutigen Tag nicht allzu viele Informationen über diese Band aus den Weiten des Internets holen. Zudem gibt es ganz wenig bis garkeine Bandfotos aus der damaligen Zeit auf denen man auch einmal die Band sieht. Man könnte davon ausgehn, dass dies wie ein Schatz gehütet wird. Machts aber auch umso interessanter. Auf jedenfall gab es zur Schaffenszeit von 1980-1983 (Wikipedia-Angabe) - ich glaube es war etwas länger, so ca. 1984 oder 1985) - zwei LP's zu verzeichnen. Die erste war eine 7''LP mit dem Namen 'Abmarsch' und das später entstandene Album 'Ohne Gnade'. Ohne Frage Meilensteine des Punks und werden auch nach tausendmaligem hören nie langweilig.
Fotos der Cover von www.punk-disco.com
Besonders bezeichnend war, ist und bleibt die einfache musikalische Gestaltung und der monoton (aber keinesfalls langweilig) anmutende Sound der Veröffentlichungen, welche ein unverkennbares Merkmal sind. Aber was soll man lange über etwas reden was man auch einfach hören kann. So an dieser Stelle ein wenig Musikmaterial:
Beide nachfolgenden Lieder sind von der ersten 7'':
Rocky Billy (Erschienen auf der 'Ohne Gnade' LP): https://www.youtube.com/watch?v=NbdZY4YFDmo
Unverkennbar, es wäre ohne weiteres ein 1a Pogokreis zu der Musik möglich.
Einsam (erschienen auf der 'Die gnadenlosen Jahre 80-83' Erschienen 1996): https://www.youtube.com/watch?v=1zgEXdN0S3o
"Einsam fühl ich mich, wenn ich eine Hand suche und nur auf Fäuste treffe. Einsam bin ich dann, wenn ich eine Hand suche und nur auf Fäuste treffe."
Zeilen wie diese machen deutlich das die Texte von Chaos Z keinesfalls über blühende Landschaften berichten. Höchstens über Landschaften, aber nicht blühender Art. Viele Texte sind von dieser depressiven Endzeit-Stimmung geprägt und haben sich auch bei Fliehende Stürme durchaus fortgesetzt. Welche 1987 ihre erste LP rausbrachten und Chaos Z damit eigentlich Geschichte war...
Zumindest bis zum Jahr 1995 als Andreas Löhr (Sänger von Chaos Z und Fliehende Stürme) noch einmal ein Album unter dem Namen Chaos Z veröffentlichte. Der Name des Albums '45 Jahre ohne Bewährung'. Das ganze hatte auf keinenfall an Kraft verloren und schließt in meinen Augen (Geschmäcker solln ja verschieden sein) richtig gut an die alten Chaos Z Veröffentlichungen an.
Doch was soll man auch an dieser Stelle lange reden. Wozu gibts denn schließlich youtube.
Präsentier ich auch gleich ohne große Umschweife ein paar meiner Lieblingslieder dieser Veröffentlichung. Die Boxen aufdrehen, die Fenster weit öffnen und ruhig ein wenig mitgröhlen.
45 Jahre ('45 Jahre ohne Bewährung' 1995):
https://www.youtube.com/watch?v=LL53zti875E
Klassenkampf ('45 Jahre ohne Bewährung' 1995)
https://www.youtube.com/watch?v=Wf4yuHpdGRc
Ich denke die Lieder dürften sehr viele ansprechen.
Nachdem dieses Album auf dem Markt war, veröffentlichte man 1996 die alten Lieder noch einmal auf einem Best Of namens 'Die gnadenlosen Jahre 80-83'. Zu den altbekannten Liedern gesellte sich aber auch unbekanntes Material. Das oben gepostete Lied 'Einsam' zählt ebenfalls dazu.
So zum Beispiel auch dieses Lied:
Qual der Erinnerung: https://www.youtube.com/watch?v=hYXLVhViuQw
Nach dieser Zeit wurde es bis ins neue Jahrtausend erst einmal wieder ruhig um Chaos Z. Bis ein weiteres Best Of namens 'Dunkle Straßen' das Licht der Welt erblickte.
Auf Weird System erschienen enthält es auf 2 LP's oder auch 2 CD's alles was die Band veröffentlicht hat. Aber es wäre bestimmt interessant zu wissen was auf so manchen Tapes noch für Schätze lauern.
So bleibt eigentlich nur zu sagen, dass das Kapitel Chaos Z eventuell und hoffentlich noch nich ganz geschlossen wird. Dafür spricht ja immer noch, dass auf Konzerten von Fliehende Stürme ab und an gern ma noch ein Stückchen von Chaos Z dargeboten wird.
Isolation - Live 2009: https://www.youtube.com/watch?v=ApzGDLpxuI8
So, sollte Herr Löhr das lesen und der Meinung sein ich habe hier Scheiße verzapft, so hat er aufm nächsten Konzi (03.07.2010 in Magdeburg) die Gelegenheit und Erlaubnis mir nen Bier ins Gesicht zu kippen.
In diesem Sinne, auf den vierten Teil von Keek's kunterbunter Musikwelt...
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Keek Parteielite
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Liebis, Stosstrupp, Bluttat, HASS - Punkfestival in der Wuppertaler Börse - 16.06.1982
Richtig gute Aufnahmen wie ich finde. Geben auf jedenfall einen Eindruck wie es 1982 mit der Szene in Deutschland aussah. Hervorzuheben ist unter anderem der Pulk von Naziglatzen im Publikum, welche sich mit fortschreitendem Festival immer mehr ins Licht rücken. Bluttat beendet daraufhin auch Ihren Gig und wenn man Erzählungen glauben darf wurden die Nazis wohl noch rausgebeten.
Da wir auf Nazis ziemlich wenig abfahren hören wir jetzt auf!
Sind natürlich nicht meine Aufnahmen. Dank geht in dem Fall an Karl Nagel und soweit ich weiß an ein Mitglied der Band Stosstrupp.
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