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Thema: Wie wir Farben sehen Sa 28 Apr 2012 - 18:30
Rund 70 Prozent aller Sinneseindrücke nehmen wir über die Augen wahr. Aber sichtbar und vor allem bunt wird die Welt erst im Kopf. Ohne uns gibt es “da draußen” weder Licht noch Farbe. Der Himmel ist nicht blau, Blut nicht rot und Schwarz nicht schwarz. Farbe ist eine reine Erfindung des Gehirns. Das Universum selbst ist farblos und weder hell noch dunkel. Es besteht aus unterschiedlich dichter Materie und Energie.Was wir Licht nennen, ist nichts als die Schwingung elektromagnetischer Wellen. Sehen ist nur eine Deutung der Welt, ein Konstrukt, das wir für Wirklichkeit halten.
Die Wahrheit der Physik klingt finster. Und trotzdem sehen wir. Wir sehen sogar farbig. Dieses Kunststück gelingt uns mithilfe eines äußerst komplexen Zusammenspiels hoch spezialisierter Sinnesorgane, neuronaler Impulse und bislang noch immer weitgehend geheimnisvoller Hirnfunktionen. Wir sehen, weil unser Auge die Energie elektromagnetischer Strahlung aufnimmt, in elektrische Signale umwandelt und weil das Gehirn diese Signale als visuelle Wahrnehmung interpretiert. Sehen und vor allem farbig sehen ist damit ein doppeltes Schöpfungswunder: Einmal, weil die Schöpfung der Evolution diesen erstaunlichen Sehapparat überhaupt entwickelt hat, und einmal, weil dieses einzigartige Sehsystem der alleinige Schöpfer unserer visuellen Weltwahrnehmung ist. (via BR & Nerdcore)
Unbedingt den Podcast von BR anhören, sehr interessant. Es geht um die optische Wahrnehmung und die optische Realität die eben doch so ganz anders ist als wir es uns vorstellen können.
Keek Parteielite
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Thema: Re: Wie wir Farben sehen Mo 30 Apr 2012 - 18:38
Mal ganz abgesehen davon, dass es bestimmt unzählige Dimensionen gibt, die wir, weil wir anscheinend doch nicht die Krone der Schöpfung sind (wer hätte es erwartet xD), nicht wahrnehmen. Komischerweise soll es Haustiere geben, die gerne mal ganz gebannt in Ecken schauen wo im Grunde für uns garnix ist. Wer weiß was dort gesehen wird.
__________________ Fällt es euch nich auf? Man hat euch nur verarscht! Wollt ihr es nicht sehn? Alles wiederholt sich Tag für Tag!
cRAwler23 Parteielite
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Thema: Re: Wie wir Farben sehen Mo 30 Apr 2012 - 19:31
Also ich gehöre nicht zu den Menschen die sich als "Krone" betrachten, sondern als ein Wesen das sich erst noch entwickeln muss, das eigene Leben ist nur eine Etappe von vielen Fort- und Rückschritten. Doch alles in allem ist das Auge als Sinnesorgan ein Beweis dafür das es eben seine Zeit braucht bis sich so etwas komplexes entwickelt. Die Evolution ist ein reiner Problemüberwindungsprozess, auch wenn dabei wieder neue Probleme geschaffen werden.
Einige Tiere (Adler z.B.) können mit ihren Augen nicht nur "zoomen" sondern können auch einen Schärfefokus einstellen, Hummer können weit mehr Farben wahrnehmen als Menschen usw. der Mensch ist mit seiner optischen Wahrnehmung ein Mittelmaß, aber dafür ist er den (nicht denkenden, Instinkt gesteuerten) Tieren in einer Sache voraus (natürlich äußerst ungleich verteilt) die Vorstellungskraft. Im Prinzip sind wir auf diesem Planeten neben vielleicht einigen Affenarten und Delphinen die einzigen die aufgrund "geringer" Sehkraft mehr in unserem Gehirn abtasten als eben Instinktbasierende Lebewesen.
Allein die Fähigkeit einiger Menschen sich allein im Kopf mathematische Welten vorzustellen ohne Taschenrechner und ner Formelsammlung ist schon interessant genug.
Doch in diesem Thema geht es allein um das Zusammenspiel aus optischen Nervenreizen in den Augen und der Übertragung und Umwandlung von "Daten" im Gehirn. Auch die Frage das möglicherweise jeder Mensch die Dinge optisch etwas anders wahrnimmt als seine Mitmenschen.
Zitat :
Mal ganz abgesehen davon, dass es bestimmt unzählige Dimensionen gibt
Ja die gibt es, doch das ist nicht wahrnehmungsabhängig, außer eben 3D und 4D, Raum, Materie und Zeit, wobei Zeit ja nur bedingt wahrnehmbar ist. Doch auch hier zählt allein die Vorstellungskraft und rechnerische Fähigkeit des Gehirns um das zu erfassen. Wenn ein Stephen Hawking allein im Kopf Theorien entwickelt die sich schon um 11 Dimensionen drehen, dann wird einem klar das die Krone der Menschheit zumindest in solchen Köpfen auch tatsächlich als Krone der bisherigen "Schöpfung" im Evolutionsprozess betrachtet werden darf.
Es ist interessant wenn man bedenkt das es mal auch solch einen Menschen gab:
Helen Keller verlor nach einer schweren Krankheit im Alter von 19 Monaten im Verlauf einer Woche Gehör und Augenlicht. Solange sie noch ein Kleinkind war, genügten einige Gesten als Mittel zur Verständigung mit ihrer Familie: setzte sie eine Brille auf, bedeutete dies "Vater", ihrem Wunsch nach Eiskrem verlieh sie mit Zittern und Handbewegungen Ausdruck. Als sie älter wurde, reichte dieses System von etwa 60 Zeichen nicht mehr aus und Helen bekam immer öfter Wutanfälle, weil die Familie, vollkommen überfordert, nicht genug auf sie einging.
Man vermittelte Helens Eltern schließlich eine Betreuerin: Anne Sullivan, die Helens "Seelengeburtstag" initiierte und ihr gleichsam ein neues Leben schenkte. Es ist nicht nur die Art und Weise, wie sich Helen Keller, vor allem nach der Bekanntschaft mit "Teacher", ihrer Lehrerin, diesem Schicksal gestellt hat, das sich der Vorstellungskraft jedes nicht Beeinträchtigten entzieht. Es ist nicht nur ihre Wissbegier und stete Lernbereitschaft, nicht allein ihr ansteckender Optimismus.
Was an Helen Keller fasziniert, ist der scheint¿s durch nichts zu erschütternde Wille, einer Welt, die für Menschen wie sie nicht gemacht war, den ihr zustehenden Anteil an Glück, Zufriedenheit, Erfolg, aber auch an Leid oder Langeweile, Missgunst oder Misserfolg, eben ihren Anteil an Menschlichkeit vom Alltag bis hin zum Außergewöhnlichen abzuringen. Helen wurde nie müde zu betonen, dass sie zwar anders als die meisten war, aber das, was viele als Mangel betrachteten, durchaus adäquat ersetzen konnte: "Es kommt mir nicht zu, zu sagen, ob wir besser mit der Hand oder mit dem Auge sehen. Ich weiß nur, daß die Welt, die ich mit meinen Fingern sehe, lebendig, farbenfroh und befriedigend ist. Der Tastsinn bringt dem Blinden manche süße Gewißheiten, deren unsere glücklicheren Mitmenschen entbehren müssen, weil ihr Gefühl nicht ausgebildet ist."
Ein Leben ohne Sinneswahrnehmung und doch hat sie wahrnehmen können.
Bwana Honolulu Parteifunktionär
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Thema: Re: Wie wir Farben sehen Do 3 Mai 2012 - 16:00
Ich hatte mal bei Aktion 23 was Interessantes bezüglich der Überlistung unseres Farbwahrnehmungssystems:
Bwana Honolulu schrieb:
Denen von euch, die regelmäßig Urlaub auf der Scheibenwelt machen (oder Spaß an Chaosmagie haben), wird die Farbe oktarin sicherlich ein Begriff sein, die achte Farbe des Regenbogens, die Farbe der Magie, die nur von magisch Begabten wie Hexen und Zauberern gesehen werden kann, weil die neben Zapfen und Stäbchen nämlich noch achteckige Sinneszellen auf der Netzhaut haben... Andere erinnern sich vielleicht an jene Definition von fNorD, die da lautet "Fnord ist die Farbe, die nur Blinde sehen können"...
Um genau so was geht es hier. Unmögliche Farben. Verbotene Farben.
Was für Farben sind "unmöglich" und warum? Für die, die's interessiert, hole ich mal kurz aus und erkläre unseren Sinnesapparat für's Sehen. tl;dr?
Spoiler:
Die lichtempfindlichen Zellen der Netzhaut, Zapfen und Stäbchen, habe ich ja bereits oben erwähnt. Die lichtempfindlicheren Stäbchen ermöglichen uns das monochrome Dämmerungssehen, wohingegen die Zapfen uns ermöglichen, bei guten Lichtverhältnissen auch Farben zu unterscheiden. Das funktioniert, weil es in den Augen der meisten Menschen 3 verschiedene Sorten von Zapfen gibt, die jeweils auf rote, grüne und blaue Lichtanteile reagieren. Hat man weniger als 3 Sorten dieser Zellen, so ist man, allgeminsprachlich bezeichnet, "farbenblind" und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eher ein Mann; hat man hingegen mehr als 3 Sorten, dann gehört man höchstwahrscheinlich zu einem geringen Prozentsatz der weiblichen Bevölkerung, der noch weitgehend unerforscht ist. Die Signale landen aber nicht direkt als Rot- Grün und Blausignal in unseren Hirnen, sondern werden auf drei "Kontrastkanäle" übertragen: Einer für den grundlegenden hell-/dunkel-Kontrast, einer für den Kontrast rot/grün und schließlich einer für gelb/blau. Die Reize, die auf diesen Kanälen übertragen werden, sind antagonistisch angelegt, d.h. eine Farbe kann in diesem System eigentlich nicht gleichzeitg hell und dunkel sein, oder grün und rot, oder gelb und blau. Logisch. Oder doch nicht?
Wissenschaftler haben herausgefunden, daß es einen Weg gibt, die rot-/grün- und gelb-/blau-Antagonismen zu überlisten und dem Hirn eine Farbe vorzugaukeln, die gleichzeitig die Reize für rot und grün oder für gelb und blau auslöst - und ich rede nicht von dem Schlammbraun und dem Siffgrün, die beim Mischen von Wasserfarben entstehen:
Spektrum der Wissenschaft schrieb:
1983 stellten jedoch Hewitt D. Crane und Thomas P. Piantanida von SRI International im kalifornischen Menlo Park eine Methode vor, mit der sich diese Wahrnehmungsgesetze umgehen ließen. Ihre Probanden mussten dazu auf zwei nebeneinander liegende Felder aus Rot und Grün beziehungsweise Gelb und Blau blicken. Eine spezielle Apparatur verfolgte die Augenpositionen der Probanden und sorgte mittels Spiegeln dafür, dass die Farbfelder unabhängig von den ständigen kleinen Augenbewegungen immer auf denselben Fleck der Netzhaut gelangten. Eine solche Bildstabilisierung kann viele faszinierende Effekte hervorrufen, etwa den, dass das Bild in Stücke zerbrochen erscheint, deren Sichtbarkeit zu- und abnimmt. Die Wissenschaftler interessierten sich vor allem dafür, inwiefern Abgrenzungen in den stabilisierten Bildern für die Testpersonen verschwammen.
Tatsächlich sahen die Probanden die Grenzen zwischen den beiden Farben verschwinden – diese flossen ineinander und mischten sich. Einige Testpersonen berichteten, das verbotene rötliche Grün und gelbliche Blau zu sehen. Andere halluzinierten Strukturen wie ein blaues Glitzern vor gelbem Hintergrund.
Spektrum der Wissenschaft schrieb:
Da einzelne Menschen die Leuchtdichte verschiedener Farben unterschiedlich stark wahrnehmen, maßen wir zuerst die Reaktionen der Probanden auf die vier Grundfarben. Danach zeigten wir ihnen nebeneinander angeordnete Farbfelder aus Rot und Grün sowie Gelb und Blau. Die Farben erschienen dabei entweder äquiluminant oder deutlich nicht äquiluminant.
Kampf der Neuronen um die Farben
Als besonders effektiv erwies sich die Kombination aus Äquiluminanz und Bildstabilisierung. Sechs unserer sieben Testpersonen sahen bei den äquiluminanten Bildern verbotene Farben, wobei die Farbgrenze verschwand. Manchmal sahen die Probanden einen Farbverlauf, etwa von Rot auf der linken Seite zu Grün auf der rechten, mit allen möglichen Schattierungen von grünlichem Rot und rötlichem Grün dazwischen. Zuweilen erschienen rote und grüne Felder am selben Ort, aber in unterschiedlichen Entfernungen – als würde man einen Farbton durch den anderen hindurch sehen, ohne dass einer von beiden sich verändert. Oft füllte ein gleichmäßiges rötliches Grün oder bläuliches Gelb das gesamte Feld aus. Zwei Testpersonen berichteten sogar, dass sie sich nach den Versuchen ein rötliches Grün und ein bläuliches Gelb vorstellen konnten, wobei diese Fähigkeit allerdings nicht von Dauer war.
(Spektrum der Wissenschaft) In weiteren Versuchen haben die Herren Billock und Tsou noch herausgefunden, daß einige der bereits angedeuteten, optischen Halluzinationen (das erwähnte "Glitzern") sich zu allerlei Effekten ausbauen und "stabilisieren" ließen, was ein bißchen an die Idee von "Farben, die wahnsinnig machen" denken lässt... fast schon Lovecraft-mäßig. :cthulhu:
Ich hab' auch zwei Testgrafiken gefunden, wo man das mal selbst ausprobieren können soll, aber bei mir hat's nicht geklappt, ich hab' nur hin- und herwabernde Farben gesehen... probiert's mal hier mit rot-grün und hier mit gelb-blau...