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 Meritokratie vs Egalitarismus

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BeitragThema: Meritokratie vs Egalitarismus   Meritokratie vs Egalitarismus Icon_minitimeSa 14 Apr 2012 - 21:46

Meritokratie vs Egalitarismus 4466034214_7ffed1d3f5

Meritokratie

Eine Meritokratie (lat.: meritum „das Verdienst“ und griech.: κρατεῖν, kratein „herrschen“) ist eine Regierungsform, bei der die Amtsträger (Herrscher) aufgrund ihrer Leistung ausgewählt werden. Jedes Mitglied der Gesellschaft nimmt im Idealfall die verdiente Position ein. Die Idee der Meritokratie kann in Staaten sowie in politischen oder wirtschaftlichen Organisationen angewendet werden. In einem abgeschwächten Sinne wird unter Meritokratie auch eine Regierungsform bezeichnet, die Kompetenz und formelle Ausbildung betont. Der Meritokratie steht die Idee des Egalitarismus entgegen, die dem Einzelnen unabhängig von Leistung und Einsatz gleichen Einfluss und gleichen Zugang zu Gütern zuspricht.

Trotz der ursprünglich negativ besetzten Begriffsbildung gibt es Befürworter meritokratischer Systeme, sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart. Die Vorstellung, dass höhere Leistung belohnt werden soll, liegt vielen meritokratischen Argumenten zugrunde. Daneben wird behauptet, dass die Meritokratie Anreiz biete, zum Aufbau der Gesellschaft beizutragen, und somit die Gesellschaft insgesamt Nutzen ziehe.

Während in der Aristokratie die gesellschaftliche Position historisch tradiert wird, soll der Status eines Menschen in der Meritokratie ausschließlich durch das gegenwärtige, individuell messbare Verdienst legitimiert sein. Eine Privilegierung auf Grund der Herkunft wie Klasse und sozialer Schicht soll hier ebenso vermieden werden wie eine Benachteiligung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Religion, einer Ethnie oder einem Geschlecht. Die „ideale Meritokratie“ erfordert somit völlige Gleichheit der Chancen, wie Unabhängigkeit der Leistung von Beziehungen, Herkunft etc., und gesellschaftlich wirksame Anerkennung faktischer Leistungsunterschiede.

Eine völlig meritokratisch organisierte Gesellschaft ist bislang nirgends realisiert worden. Viele moderne Regierungsformen betonen allerdings den Vorrang formaler Ausbildung und fachlicher Kompetenz bei der Verleihung von Ämtern gegenüber der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Wenn im politischen Entscheidungsprozess auf eine Bewertung durch Fachleute zurückgegriffen wird, oder wenn militärische Organisationen das Leistungsprinzip heranziehen, um die Befehlshierarchie festzulegen, werden ebenfalls meritokratische Prinzipien eingesetzt.

Auch die Wissenschaft beruft sich auf das meritokratische Prinzip der Bestenauslese. Sozialwissenschaftliche Untersuchungen, z.B. aus dem Bereich der Geschlechterforschung, haben demgegenüber jedoch deutlich gemacht, dass Leistung immer auch ein Ergebnis sozialer Zuschreibungsprozesse ist, die in der Wissenschaft und anderen Bereichen des sozialen Lebens dazu führen, dass Frauen weitaus geringere Karrierechancen haben als Männer.

In dem Werk Die Internet-Galaxie von Manuel Castells wird die These aufgestellt, dass unter den Internetpionieren das meritokratische Prinzip eine wesentliche Rolle für die Gliederung einnahm. So genießen diejenigen das größte Ansehen, welche durch exzellente Leistungen und positive Reputation, in Bezug auf Innovationen im Bereich der Netzwerkmedien, aufgefallen sind.

Westliche Bewunderer des Konfuzius (Voltaire, H. G. Creel) sahen in seinen Schriften eine revolutionäre Idee, in der der Blutadel durch den der Tugend ersetzt wird. Ein Jūnzǐ (君子), etwa als »edler Mann« zu übersetzen, konnte ein einfacher Mensch sein, der seine Fähigkeiten einsetzte. Konfuzius nahm Studenten aus jeder Gesellschaftsklasse an, ein Hinweis darauf, dass er das feudale System des alten China nicht vollständig unterstützte. »Im Lehren sollte kein Unterschied zwischen den Klassen gemacht werden.«

Dschingis Khan besetzte Führungspositionen in seinem Mongolenreich aufgrund der Leistung der Amtsträger. Auch Angehörigen besiegter Feinde stand der Weg offen, solange sie sich loyal erklärten. Beispielsweise war Jebe ein feindlicher Soldat, der im Gefecht Dschingis Khans Pferd erschossen hatte, bevor er zum Khan wurde.

Lange Zeit war im Reich der Mitte das Bestehen der chinesischen Beamtenprüfung die Voraussetzung, um hohe Staatsämter bekleiden zu können. Da Kandidaten (zumindest theoretisch) aus allen Schichten der Gesellschaft kommen konnten, hatte dieses strenge Prüfungssystem einen stark meritokratischen Zug. Erfolgreiche Absolventen (nur wenige Promille der Kandidaten setzten sich durch) erlangten normalerweise Ruhm, Macht und Ansehen.

Kritiker, unter anderem Michael Young, sehen eine Meritokratie als ungeeignetes Modell für eine stabile Gesellschaft. Zum einen ist ein objektives und gerechtes Maß von »Leistung« oder »Verdienst« zur Zuordnung von Individuen zu Positionen schwer aufzustellen; es besteht sogar die Gefahr, dass die Elite das Maß derart gestaltet, dass sie sich selbst (sowie ihre Nachkommen) legitimieren. Dann würde die Gesellschaft zur Oligarchie.


Egalitarismus

Der Egalitarismus (franz.: égalité aus lat.: aequalitas „die Gleichheit“) bezeichnet eine ethische, politische, ökonomische oder sozialpolitische Position, die durch Herstellung von Gleichheit die Widersprüche einer Gesellschaft aufzulösen versucht. Eine Richtung des Egalitarismus will die Gleichheit des persönlichen Besitzes, eine andere fordert die Gleichheit der Chancen für jedes Individuum in der Gesellschaft. Kommunisten verstehen unter Egalitarismus die Aufhebung des Privateigentums an Produktionsmitteln und die Verteilung der Güter nach dem Prinzip, die Fähigkeiten und Bedürfnisse der Menschen zu berücksichtigen.

Auch beispielsweise in Bezug auf das Geschlechterverhältnis, die Menschenrechte, die Bildung wird der Terminus Egalitarismus verwandt. Die Konzeption einer z. B. politischen, ökonomischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Elite steht im Gegensatz zu egalitären Gesellschaftskonstruktionen.

Der Begriff Egalitarismus wird häufig abwertend im Sinne von Gleichmacherei und Zerstörung jeder Art von Differenz benutzt. In der aktuellen feministischen Diskussion bezieht sich der Begriff des Egalitarismus auf hierarchische Strukturen im Geschlechterverhältnis, die ihre Wirkung auf Kosten gesellschaftlicher Minderheiten entfalten. So versteht die Geschlechterforscherin Birgit Rommelspacher Egalitarismus als politische Strategie, die im Namen von Gleichheit kulturelle Dominanz und ökonomische Unterordnung legitimiert.

(via Meritokratie & Egalitarismus)

Einfache Frage, komplexes Thema Wink
Wenn ihr euch entscheiden "müsst", welche Gesellschaftsform ist euch lieber? Erfolg und Aufstieg durch Leistung oder eine gesellschaftliche Gleichheit unabhängig von Leistung. Ich bin noch unentschlossen und würde gern Meinungen von anderen dazu hören.
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BeitragThema: Re: Meritokratie vs Egalitarismus   Meritokratie vs Egalitarismus Icon_minitimeMi 20 Nov 2013 - 15:36

Hupps, hab in der Umfrage versehentlich falsch geklickt.

Die Meritokratie beruht auf falschen Voraussetzungen. Weder werden Privilegien überhaupt jemals nach Meriten vergeben, noch bedürfen die Meriten irgendwelcher Privilegien. Der Gedanke der Meritokratie ist aber nicht nur empirisch falsch, sondern auch inkonsistent. Effekte wie etwa das Peter-Prinzip (in einer Meritokratie erreicht jedes Individuum je seine Stufe der Inkompetenz) sind nicht einfach nur empirische Verzerrungen, sondern liegen bereits in der Logik des Gedankens der Vergabe von Positionen nach Meriten schlechthin begründet. Darüber hinaus stellt sich natürlich noch die Frage, wer überhaupt die Meriten beurteilen und danach die Positionen vergeben soll. Vertreter einer Meritokratie müssen hier entweder ein unbegründet souverän-autokratisches Element oder ein egalitär-demokratisches Element einführen. Eine reine Meritokratie ist also schon rein logisch ausgeschlossen.
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BeitragThema: Re: Meritokratie vs Egalitarismus   Meritokratie vs Egalitarismus Icon_minitimeDo 21 Nov 2013 - 0:42

Vorneweg, Willkommen in dieser beschaulichen Runde hier, ich nehme mal an ein Besucher von Aktion23? Smile

Tarvoc schrieb:
Die Meritokratie beruht auf falschen Voraussetzungen. Weder werden Privilegien überhaupt jemals nach Meriten vergeben, noch bedürfen die Meriten irgendwelcher Privilegien. Der Gedanke der Meritokratie ist aber nicht nur empirisch falsch, sondern auch inkonsistent. Effekte wie etwa das Peter-Prinzip (in einer Meritokratie erreicht jedes Individuum je seine Stufe der Inkompetenz) sind nicht einfach nur empirische Verzerrungen, sondern liegen bereits in der Logik des Gedankens der Vergabe von Positionen nach Meriten schlechthin begründet. Darüber hinaus stellt sich natürlich noch die Frage, wer überhaupt die Meriten beurteilen und danach die Positionen vergeben soll. Vertreter einer Meritokratie müssen hier entweder ein unbegründet souverän-autokratisches Element oder ein egalitär-demokratisches Element einführen. Eine reine Meritokratie ist also schon rein logisch ausgeschlossen.
Absolut, so betrachte ich das inzwischen auch, im Prinzip wäre die Meritokratie die Entfesselung einer fast schon feudalen Gesellschaft, nur das es keinen Blutadel gibt sondern einen Leistungsadel, eine reine Ellenbogengesellschaft wie es im Prinzip turbokapitalistischer nicht sein kann. Ich bin im Denken auch mehr egalitär und liberal.
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BeitragThema: Re: Meritokratie vs Egalitarismus   Meritokratie vs Egalitarismus Icon_minitimeDo 21 Nov 2013 - 7:01

cRAwler23 schrieb:
Vorneweg, Willkommen in dieser beschaulichen Runde hier, ich nehme mal an ein Besucher von Aktion23? Smile
So ist es. Bin auch bei der Aktion 23 unter dem Nickname Tarvoc unterwegs.

cRAwler23 schrieb:
Absolut, so betrachte ich das inzwischen auch, im Prinzip wäre die Meritokratie die Entfesselung einer fast schon feudalen Gesellschaft, nur das es keinen Blutadel gibt sondern einen Leistungsadel, eine reine Ellenbogengesellschaft wie es im Prinzip turbokapitalistischer nicht sein kann.
Naja, mein Punkt war, dass eine reine Meritokratie logisch inkonsistent wäre. Ein dem Anspruch nach meritokratisches System ist also in jedem Fall entweder autokratisch oder egalitär-demokratisch "verunreinigt", und zwar konstitutiv, d.h. diese Verunreinigung konstituiert erst die Verteilung von Privilegien nach Meriten. Ein meritokratischer Diskurs kann also letztlich keinen anderen Zweck haben als diese Verunreinigungen zu kaschieren. Der Witz ist der, dass eine solche Kaschierung überhaupt nur Sinn macht, wenn die Verunreinigung autokratisch ist: Warum sollte ein egalitäres System nicht zugeben, egalitär zu sein? Auch in einer egalitären Gesellschaft können einzelne Positionen nach Fähigkeiten vergeben werden, etwa in einem Rätesystem, in dem die jeweils Beteiligten einzelnen Leuten aus ihren eigenen Reihen bestimmte einzelne Aufgaben per imperativem Mandat zuweisen, wenn sie für diese besonders qualifiziert erscheinen. Nur ist dieses quasi-meritokratische (oder pseudo-meritokratische) Element in keinem Punkt konstitutiv, auch nicht in der "ideologischen" Selbstdarstellung: Der erklärte Sinn des Rätesystems besteht nicht darin, dass die Fähigsten herrschen oder zu ihrem Recht kommen oder dergleichen, sondern in der Selbstorganisation der Bevölkerung.
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